Wurzelbehandlungen
Die Pulpa, das Zahnmark, ernährt den Zahn. Sie enthält, ähnlich wie Gewebe unter der Haut, Blutgefässe, lebende Zellen und Nerven.
Infolge tiefer Karies (häufig), eines Zahnunfalles (selten) oder nach dem Beschleifen eines Zahnes für eine Zahnkrone (sehr selten), kann es zu einer Entzündung resp. Infektion der Pulpa kommen. Eine sogenannte Pulpitis kann sich im akuten Zustand mit starken, evtl. pulsierenden Schmerzen und einer Kauempfindlichkeit des Zahnes bemerkbar machen. In jedoch ca. der Hälfte der Fälle läuft sie schmerzlos ab.
Ohne entsprechende Behandlung stirbt die Pulpa ab und Bakterien breiten sich im System der Wurzelkanäle aus, bis sie an die Wurzelspitzen gelangen und dort zu einem akuten oder chronischen Entzündungsherd führen. Dieser Entzündungsherd stellt eine Abwehrreaktion des Immunsystems dar. Die akute Entzündungsform ist fast immer mit Schmerzen verbunden und kann unter Umständen auf dem Röntgenbild nur schwer erkennbar sein. Dagegen zeigt die chronische Entzündung im Röntgenbild eine deutliche Auflösung der Knochenstruktur im Bereich der Wurzelspitze.
Wann immer möglich, wird der Zahnarzt versuchen, die Pulpa und damit den Zahn, „am Leben“ zu erhalten. Dies ist jedoch nur ganz zu Beginn einer Pulpitis möglich, wenn sich diese z.B. nach der Entfernung einer Karies, wieder zurückbildet.
Ist dies nicht der Fall, weil die Entzündung schon zu lange besteht, resp. der Zahnnerv bereits abgestorben ist, bleibt nichts anderes übrig, als die ganze Pulpa aus der Zahnkrone und den Wurzeln zu entfernen.
Man spricht dann von einer eigentlichen Wurzelbehandlung, welche sich über mehrere Sitzungen erstreckt. In der ersten, akuten Phase, wird das Nervengewebe mit sehr dünnen Feilen aus den Wurzelkanälen entfernt, die Kanäle desinfizierend ausgespült und eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Paste aus Antibiotika und Kortison appliziert. In einer zweiten Sitzung werden die Wurzelkanalwände, wiederum mit den erwähnten Feilen, bis zur Wurzelspitze von Bakterien gesäubert (mechanische Reinigung), mit desinfizierenden Lösungen gespült und ein pastöses Desinfektionsmittel einrotiert (chemische Reinigung), welches je nach Situation 1 bis 3 Wochen in den Kanälen verbleiben sollte. Sind die Kanäle nach diesem Zeitraum keimarm und der Patient schmerzfrei, werden die Wurzelkanäle mit kautschukartigen, flexiblen Stiften und einem Zement in der ganzen Länge dicht verschlossen.
Jetzt kann die Zahnkrone wieder aufgebaut werden (siehe Karies). In einigen Fällen, wenn nur noch sehr wenig der Zahnkrone vorhanden ist, empfiehlt es sich, eine Zahnwurzel mit einem starren Stift zu versorgen. Dadurch wird die aufbauende Füllung zusätzlich stabilisiert. Ist eine Wurzelbehandlung erfolgreich verlaufen, empfiehlt es sich ebenso, den wieder aufgebauten Zahn mit einer künstlichen Zahnkrone langfristig zu stabilisieren, da ein toter Zahn oft spröde und brüchig wird.
Die Schwierigkeit einer Wurzelbehandlung liegt darin, dass der Zahnnerv selten in einem einzigen, gerade verlaufenden Kanal liegt. Meist sind mehrere, oft stark verzweigte Kanälchen vorhanden, die zudem starke Biegungen aufweisen können. Hier ist die Arbeit mit der Feile ausserordentlich heikel.
Da eine Wurzelbehandlung als Versuch, den Zahn zu erhalten, zu verstehen ist, gibt es auch keinerlei Garantie auf ewige Schmerzfreiheit. Auch nach Jahren können in seltenen Fällen wieder Infektionsherde an den Wurzelspitzen entstehen, welche dann chirurgisch entfernt werden müssen (Wurzelspitzen-Resektion).